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Else
   Lasker-Schüler


«Der schwarze
Schwan Israels»
Else Lasker-Schüler
Else Lasker-Schüler

Als Jüdin fühlte sich Wikipedia LinkElse Lasker-Schüler 1933 in Deutschland nicht mehr sicher (sie wurde auf offener Straße von SA-Männern verprügelt) und emigrierte am 19. April als 64-jährige in die Schweiz. Ihre Heimat liebte sie trotz ihres Hasses auf das Naziregime weiterhin. Schon in der Weimaer Republik galt sie als sonderbare Einzelgängerin.

Die Verscheuchte

Es ist der Tag im Nebel völlig eingehüllt,
Entseelt begegnen alle Welten sich-
Kaum hingezeichnet wie auf einem Schattenbild.

Wie lange war kein Herz zu meinem mild...
Die Welt erkaltete, der Mensch verblich.
Komm bete mit mir - denn Gott tröstet mich.

Wo weilt der Odem, der aus meinem Leben wich?
Ich streife heimatlos zusammen mit dem Wild
Durch bleiche Zeiten träumend - ja ich liebte dich...

Wo soll ich hin, wenn kalt der Nordsturm brüllt?
Die scheuen Tiere aus der Landschaft wagen sich
Und ich vor deine Tür, ein Bündel Wegerich.

Bald haben Tränen alle Himmel weggespült,
An deren Kelchen Dichter ihren Durst gestillt-
Auch du und ich.
Else Lasker-Schüler mit Flöte
Else Lasker-Schüler mit Flöte

Wie aus diesem Gedicht hervorgeht, fand sie sich schwer zurecht im Exil. In einer völlig neuen Umgebung fühlte sie sich noch einsamer, als sie es schon in Deutschland war. Allein die Überschrift stellt ihre Situation, aber auch die anderer Exilanten exakter dar als es viele Zeilen anderer Autoren ausdrücken können, weshalb es auch auf der Startseite als Titel gewählt wurde. Als „Verscheuchte“ war sie hilflos, traurig, ängstlich und resigniert - ein krasser Gegensatz zu ihrer früheren expressionistisch selbstbewussten Haltung.
So streifte sie in Zürich „heimatlos zusammen mit dem Wild“ umher bis sie wegen Landstreicherei festgenommen wurde.

Else Lasker-Schüler unternahm drei Palästina-Reisen. Als sie 1939 von ihrer dritten Reise heimkehren wollte, wurde ihr wegen des Kriegsausbruches das schweizer Visum verwehrt und sie musste in Jerusalem bleiben. Dort schrieb sie unter anderem an dem Buch „Das Hebräerland“ und an ihrem letzten Gedichtband „Das blaue Klavier“:

Mein blaues Klavier

Ich habe zu Hause ein blaues Klavier
Und kenne doch keine Note.

Es steht im Dunkel der Kellertür,
Seitdem die Welt verrohte.

Es spielten Sternenhände vier
-Die Mondfrau sang im Boote-
Nun tanzen die Ratten im Geklirr.

Zerbrochen ist die Klaviatür.....
Ich beweine die blaue Tote.

Ach liebe Engel öffnet mir
-Ich aß vom bitteren Brote-
Mir lebend schon die Himmelstür-
Auch wider dem Verbote.

In ihrer Einsamkeit versuchte sie aus dieser Welt zu flüchten. Entweder in die Vergangenheit - in ihre Kindheit - oder in ihren Glauben, während die Welt um sie „verrohte“.
Über Jerusalem schreibt sie im gleichnamigen Gedicht:

[...]

Ich wandele wie durch Mausoleen -
Versteint ist unsere Heilige Stadt.
Es ruhen Steine in den Betten ihrer toten Seen
Statt Wasserseiden, die da spielten: Kommen und Vergehen.

Es starren Gründe hart den Wanderer an -
Und er versinkt in ihre starren Nächte.
Ich habe Angst, die ich nicht überwältigen kann.

[...]
Else Lasker-Schülers Haus in Jerusalem
Else Lasker-Schülers heruntergekommene Wohnung in Jerusalem

Ihre Angst ist nicht nur psychischer, sondern auch materialistisch-extenzieller Natur, denn obwohl sie von einigen Leuten finanziell unterstützt wird, ist sie nicht in der Lage mit dem Geld umzugehen und verarmt zusehens. Ihre Bleibe war alles andere als gemütlich:

„Else Lasker-Schülers Zimmer war schwarz von Spinnweben, sie sah es nicht mehr. Ins Zimmer ließ sie nur Mira [ein Mädchen, das ihr ans Herz gewachsen war] und sonst niemanden hinein. In der Mitte stand ein Tisch, darauf ein Spirituskocher, auf dem sie Würstchen heißmachte. In der Ecke eine Art Altar mit Fotos von ihrem Sohn. Sie schlief auf einem Liegestuhl.“

Dieses Leben machte ihr zu schaffen. Als Else Lasker-Schüler am 16. Januar 1945 an Herzversagen starb, war sie 75 Jahre alt. In einem ihrer letzten Gedichte namens „Ich weiß“ schrieb sie:

[...]

Eine Blume brichst du mir zum Gruß -
Ich liebte sie schon im Keime.
Doch ich weiß, daß ich bald sterben muß.

Mein Odem schwebt über Gottes Fluß
Ich setze leise meinen Fuß
Auf den Pfad zum ewigen Heime.